Namibia, eine ehemalige deutsche Kolonie

 

Ein Freund war im Urlaub in Namibia, früher Deutsch-Südwestafrika. Sein Fazit u.a.: "Dort in Afrika kann man bei 30°C im Schatten Schwarzwälder Kirschtorte genießen. Das sind noch die Spuren der deutschen Kolonialzeit." So ein Spruch weckte mein Interesse. Ich konnte aber nur Bernd R. 2005 für eine Reise dahin überreden.

Namibia ist etwa doppelt so groß wie Deutschland, hat ca. 2 Mill. Einwohner, davon 10 % Deutschstämmige. Es ist ein wüstenähnliches Land.

Wir waren mit einem Mietauto unterwegs und ließen uns von einem "Reiseführer" leiten. Das Buch wies uns den Weg zu den bekanntesten Farmen und zu den sehenswertesten Naturerscheinungen. Fast immer waren die Besitzer dieser Ranges Deutsche, deutscher Abstammung oder Buren (holländische Einwanderer). Mich interessierte besonders, wie sie ihre Zukunft sahen. Man kannte ja das Bestreben der damaligen Machthaber (SWAPO), das Land wie in Simbabwe an die schwarze Bevölkerung zu verteilen. Deshalb hatte sich die Regierung das Vorkaufsrecht auf die Farmen gesichert. Alle waren sich dieser Gefahr bewußt. Einfach das Land zu parzellieren, funktioniert nicht. Durch die Trockenheit hängt das Gedeihen der Weiden und der Tiere von den Wasserstellen ab. Die Farmer waren trotzdem meistens guter Hoffnung, ihr Land behalten zu können. Es gab einige Übertragungen von Land an Schwarze, aber da spielte auch Korruption in der Regierung eine Rolle.

Deutschland hatte zwischen 1890 und 1915 die Aufgabe, dort eine Infrastruktur zu errichten. Nachdem mit den Briten 1890 die Landnahme vereinbart wurde, begann dort das Aufbauwerk. Straßen, Eisenbahnlinien und die großen Städte wurden geschaffen. Man kann heute noch die Bahnhofsgebäude, Handelshäuser, Katasteramt und Postgebäude im Stil dieser Zeit von Deutschen erbaut, bewundern.

Die Briten beobachteten diese Aktivitäten argwöhnisch. Sie besetzten die vorgelagerten Inseln und kaperten auch einzelne Versorgungsschiffe. Um 1900 führten sie Krieg gegen die Buren, die seit dem 16. Jahrhundert das südliche Afrika besiedelt hatten und als Farmer lebten. 1902 waren die Briten im ungleichen Kampf die Sieger und internierten 122.000 Buren in Konzentrationslager. Solche Lager gab es weltweit erstmalig. Es waren meistens holländischstämmige Frauen und Kinder, die eingesperrt wurden und 26.000 von ihnen starben. (siehe auch den Film "Ohm Krüger" 1941 von Emil Jannings).

1904 bewaffneten die Engländer die Hereros. Im Widerspruch zur offiziellen Geschichtsschreibung wurde der Aufstand gegen die deutsche Schutztruppe, die zu dieser Zeit nur geringen Widerstand leisten konnte, inszeniert.

1908 begann das Diamantenfieber. Die Diamantenstadt in der Nähe von Lüderitz gibt heute noch ein realistisches Bild von den Lebensumständen damals. Nach und nach wird sie nun von der Wüste zurückerobert.

Alle Bewohner dieser Stadt hatten für diese Zeit besondere Privilegien. Ihnen stand pro Woche 1 Kilo Eis zu (das in der Wüste). Jeden Monat gab es kulturelle Veranstaltungen. Die Kegelbahn, der Theatersaal und das Schwimmbassin sind heute noch erhalten. Das Wasser wurde per Schiff von Südafrika herbeigeschafft.

Um 1908 kam der Bau der Eisenbahnlinie von Lüderitz nach Keetmanshoop dazu. Das gesamte Material wurde über den Ozean von Deutschland dorthin befördert. Die deutsche Bevölkerung von Lüderitz und den anliegenden Orten half mit. Innerhalb von 2 Jahren war es vollbracht. Nach über 100 Jahren werden auf der gleichen Trasse die Gleise neu verlegt. Diese Bauarbeiten dauern nun schon 4 Jahre und ein Ende ist noch nicht abzusehen.

Nach dem 1. Weltkrieg eroberten die Engländer einfach das ganze Land. Die deutschen Diamantenschürfer hatten mit einem Mal keinen Schutz mehr. In dieser Situation kaufte Bankier Oppenheimer alle Diamantenminen auf. Die Deutschen hatten keine Wahl: Verkaufen oder untergehen.

Nach dem Krieg wurde alles Mandatsgebiet Südafrikas.

Mit Beginn des 2. Weltkrieges mußten die Deutschen dort wieder leiden und wurden in Lagern interniert. Aber nicht alle ergaben sich gleich den Engländern. Der Roman "Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste" von Henno Martin z.B. beschreibt nach authentischen Begebenheiten das Schicksal von 2 deutschen Geologen. Sie verließen 1935 Deutschland, um in Südwest-Afrika Wasservorkommen zu erkunden. Der 2. Weltkrieg überraschte sie und aus Furcht vor der Internierung als feindliche Ausländer flohen sie in die Wüste und kämpften dort mehrere Jahre ums nackte Überleben.

Ab 1951 galten dann auch hier die Apartheidsgesetze von Südafrika.

1988 gab Südafrika die Besatzung auf und Namibia wurde unabhängig. Nun fielen angolanische und kubanische militärische Verbände von Norden her in das Land ein. Es schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, daß dort eine kommunistische Regierung errichtet wurde. Viele unserer Gesprächspartner waren der Meinung: Die Wende in Deutschland verhinderte diese Machtübernahme. Denn mit einem Mal bekamen die kubanischen und angolanischen Truppen keine Unterstützung durch die Sowjetunion mehr und sie waren gezwungen abzuziehen.

in "Bull`s Party"

Nach 5 Jahren kehrte ich wieder nach Namibia zurück. Diesmal war ich mit einer Reisegruppe unterwegs. Unsere Mitreisenden wollten mehr die Tierwelt erkunden. So wurde fast jeder Käfer fotografiert. Besonders interessant für mich waren aber die Veränderungen, die sich seit dem in der Gesellschaft vollzogen haben. Wir hatten auch in dieser Beziehung eine kompetente Reisebegleitung. Das war ein alter Haudegen. Seine Vorfahren waren Deutsche und lebten schon in der 3. Generation in Südwest-Afrika. So erfuhr man natürlich viel über die Geschichte des Landes und so manche Hintergründe.

Seit dem wurde in dieses Land sehr viel investiert. Wenn wir mit unserem Auto damals fast wie verloren einsam durch die Straßen der Städte fuhren, waren nun in der Hauptverkehrszeit Staus in den Hauptstraßen. Es wurden 4-Sterne-Hotels gebaut. Spanien, Israel und andere Nationen investieren in Wohnsiedlungen. Die Slums bekamen Anschluß an das Wassernetz.

Die Hereros stellen immer noch Vergeltungsansprüche an die Bundesrepublik. Deshalb ist die Wirtschaftshilfe an das Land auch die Höchste von allen.

Von den in Namibia lebenden Deutschen ist die derzeitige Entwicklung der Politik kritikwürdig. Es erscheint in Windhuk die einzige deutschsprachige Tageszeitung in Afrika. Wenn sie dann  lesen, daß Deutschland schon 2 U-Boote an Israel verschenkt hat, bleibt das Verständnis aus. Deutsche U-Boote sind die Besten der Welt, weil sie durch ihren Antrieb mit Brennstoffzellen lautlos und deshalb kaum zu orten sind. So eine Nachricht ist in der hiesigen Presse nicht denkbar. Die deutschstämmige Bevölkerung, die einen großen Teil des wirtschaftlichen Aufschwungs des Landes trägt, fühlt sich durch die Bundesrepublik alleingelassen.

Im Hafen von Walvis Bay werden mittlerweile Ölplattformen repariert. Für die Versorgung von Botswana, das keinen eigenen Zugang zum Meer hat, gibt es nun einen separaten Hafen und die notwendige Landverbindung dazu.

Der Bergbau hat sich durch die gestiegenen Rohstoffpreise entwickelt. Diamanten, Uran, Zink und Kupfer bringen einen Aufschwung der Industrie. Die Arbeitslosigkeit unter den Schwarzen beträgt aber ca. 40 %.

Namibia ist noch sehr von Südafrika abhängig. Viele Sachen, wie Obst und Gemüse, Zement u. ä. müssen von dort importiert werden. Die Geldwährung, der namibische Dollar hängt mit festem Wechselkurs 1 zu 1 vom südafrikanischen Rand ab.

Ein besonderes Problem für Afrika, so auch für Namibia, ist Aids. Die Mentalität der Menschen läßt sie auch nicht besonders verantwortungsvoll mit dieser Krankheit umgehen. Sie leben von heute auf morgen. Weitsichtige Handlungsweise ist nicht so verbreitet. Dann erklären auch noch hochrangige südafrikanische Regierungsmitglieder sinngemäß: Eßt mehr Rote Beete und Knoblauch, dann könnt ihr der Krankheit begegnen! Man duscht sich ja auch nach dem Geschlechtsverkehr, so kann nichts passieren. Oder wie war das mit den Kondomen? Niemand lutscht doch einen Bonbon, an dem noch das Papier dran ist.

Eine Farm wirtschaftlich zu betreiben ist nicht einfach. Die Tierzucht braucht viel Platz. Durch die Trockenheit bedingtes karge Nahrungsangebot, benötigt man um nur ein Schaf oder ein Rind aufzuziehen, eine Fläche von 4 bis 20 ha. Das Gleichgewicht zwischen dem, was wachsen kann und was die Tiere brauchen ist sehr kompliziert. Es besteht die Gefahr der Überweidung und davon erholt sich das Land nur sehr langsam. Die Farmen müssen deshalb mindestens ca. 5000 ha und größer sein, um sie durch Tierzucht wirtschaftlich betreiben zu können. Die an Einheimische übertragenen Farmen verwahrlosten mit der Zeit und die dort früher ehemaligen schwarzen Farmangestellten wurden arbeitslos.

Mittlerweile entspannt sich dieses Problem. Es gibt einen regen Handel, wo eigentlich jeder der Interesse und das nötige Geld hat, eine Farm oder Grund und Boden zu erwerben, die Möglichkeit hat, dies zu tun. Auch in unserem Landkreis gibt es mittlerweile Leute, die eine Ranch in Namibia ihr Eigen nennen.

Anfang Dezember bereitet sich Namibia wie wir hier auf die Weihnachtszeit vor. In den Loges, Gaststätten und Läden sieht man geschmückte Tannenbäume und Weihnachtsmänner. Dort wünscht man sich aber nicht eine weiße, sondern eine grüne Weihnacht, weil ja dort gerade auf der südlichen Halbkugel, Sommer ist.

Dieses Land fasziniert einfach seine Besucher. Es gibt viele Natursehenswürdigkeiten:

Der Fish River Canyon z. B. ist der zweitgrößte Canyon der Welt, die ungewöhnlichen Felsbildungen in "Bulls Party" und der Etosha-Nationalpark mit seinen atemberaubenden Wildtierbeobachtungen, um nur einen kleinen Einblick zu übermitteln.

In der Ehosha-Ebene: wie das bei wildlebenden Tieren so ist

 

Sossuvlei, hier versickert ein Fluß in der Wüste, ohne den Ozean erreichen zu können